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Staubformen

Staub begleitet den Menschen von Anfang an. Vom Staub - so lesen wir etwa im Buch „Kohelet“ (aufgenommenes Werk in die heilige Schrift ca. 100 n.Ch.) - sind Mensch und Tier genommen, zum Staub kehren sie wieder zurück. Was gegenüber früheren Zeiten für die unsere in Bezug auf den Staub charakteristisch ist, sind vor allem drei Punkte: Zum einen wird Staub verstärkt als Umweltfaktor wahrgenommen, zum anderen gibt es neue Möglichkeiten, staubfeine Teilchen zu analysieren und herzustellen und drittens ist, damit zusammenhängend, ein verstärktes kognitives Interesse am Thema Staub feststellbar, das dazu geführt hat, dass Staub auch physikalisch als ein eigenes Phänomen wahrgenommen wird. Staub ist mehrfach in der Wissenschaft zu einem wichtigen Thema aufgestiegen – und jedes Mal war diese Karriere geknüpft an Fortschritte in den Beobachtungstechnologien. So führten die ersten Mikroskopier-Versuche im 17. Und 18. Jahrhundert zu einer ersten Begeisterung für das Winzige. Im Staub eröffnen sich Welten, so wurde damals erstmals deutlich. Diese hat niemand so emphatisch wie Gottfried Wilhelm Leibniz (1646-1716), der Zeitgenosse der ersten Mikroskopier-Versuche besungen: Alles ist belebt, so lehrt Leibniz in seiner Monadologie, jedes noch so kleine Materialteilchen ist ein „Garten voller Pflanzen und ein Teich voller Fische“. An Johann Bernoulli (1667-1748), den Basler Mathematiker, schrieb Leibniz, er sei überzeugt, dass noch im kleinsten Stäubchen Welten enthalten seien, die der unseren an Schönheit und Vielfalt nicht nachstehen. Und im Tod, so schreibt Leibniz, der aus jedem Gedanken eine optimistische Pointe ziehen konnte, vollziehen die Lebewesen den Übergang in solche Welten. Dass im Winzigen möglicherweise auch tödliche Gefahren lauern könnten, zieht der Gelehrte (noch) nicht in Betracht. Erst im 19. Jahrhundert begann man systematisch mit der mikroskopischen Erforschung des luftgetragenen Staubes – und entdeckte einen fliegenden Zoo von Lebewesen, Keimen und Pollen. Aus den in diesem Staub enthaltenen Mikroorganismen konnte Ehrenberg (Mikroskopier-Fachmann seiner Zeit 1795-1876) auf die Herkunftsregionen der Stäube schliessen und bemerkte, dass diese zum Teil sehr weit durch die Luft segelten. Er beschäftigte sich intensiv mit den luftgetragenen Organismen und ihrem „grossen, organischen, unsichtbaren Wirken und Leben“ galt seine ganze Leidenschaft. Das grosse Bild „Staubformen“ ist Christian Gottfried Ehrenberg’s wissenschaftliche Arbeit angelehnt, es handelt sich um Staubformen des Passat-Staub im atlantischen Ozeans, er nennt es ein grosses organisches unsichtbares Wirken und Leben in der Atmosphäre von 1849.